Ohne Not Taktik gewechselt

Im letzten Spiel einer chaotischen, außergewöhnlichen Zweitligasaison boten die Basketballerinnen des ASC Mainz über weite Strecken eine gute Leistung. Dennoch endete es bei den Metropol Baskets Schwabach mit einer 71:76 (54:57, 30:33, 15:19)-Niederlage.

Als Alexandra Berry knapp vier Spielminuten vor Schluss im Spiel des ASC Mainz bei den Metropol Baskets Schwabach die 71:69-Führung besorgte, sprach vieles dafür, dass sie damit eine spannende Schlussphase einläutete. Schließlich war die zweite Halbzeit bis dahin ausgesprochen ansehnlich.
Doch es kam anders: Nach dem Korbleger der kanadischen Centerin erzielten die Gäste gar keine Punkte mehr, und die Gasteberinnen waren nur noch von der Freiwurflinie erfolgreich. Von zehn Versuchen verwandelten sie sieben und gewannen mit 76:71.
„Jetzt sehe ich’s ein bisschen differenzierter“, sagte ASC-Manager Dominique Liggins eine gute halbe Stunde später. „Aber direkt nach dem Spiel war die Enttäuschung schon groß.“ Denn, da war er sich sicher, selbst mit dem noch immer stark ausgedünnten Kader wäre mehr als diese knappe Niederlage möglich gewesen. Zu den sieben Spielerinnen, die am vorangegangenen Wochenende in Heidelberg eine gute Leistung gezeigt hatten, gesellte sich diesmal nach dreiwöchiger Quarantäne und zwei Trainingseinheiten Alexandra Berry.

Berry vor der Pause nicht im Spiel

„Sie hatte sich zwar auf dem Hometrainer einigermaßen fitgehalten, aber gerade in der ersten Halbzeit hat man ihr den Trainingsrückstand angemerkt“, sagte Liggins. Ihre Mitspielerinnen versuchten zwar immer wieder, sie ins Spiel zu bringen, aber der Kanadierin gelang kaum etwas – entweder brachte sie die Pässe nicht unter Kontrolle oder wurde unter dem Korb geblockt oder verfehlte das Ziel deutlich. Ihre ersten Punkte erzielte sie im zweiten Viertel, bis zur Halbzeitpause gelangen ihr nur vier Zähler.
„In der ersten Halbzeit hat sich vieles schwer angefühlt“, beschrieb Berry selbst die ersten 20 Spielminuten, gewann ihnen aber dennoch etwas Positives ab: „Es hat Spaß gemacht zu sehen, wie die Mannschaft sich in den letzten Spielen ohne mich weiterentwickelt hat.“ Insbesondere von Alina Dötsch und ihren zehn Rebounds (sieben davon offensiv) in der ersten Hälfte sei sie beeindruckt gewesen.
Neben der 21-jährigen Flügelspielerin war es vor allem Leonie Elbert, die mit 13 Punkten während der ersten beiden Viertel die Partie eng hielt und für den knappen 30:33-Rückstand sorgte. Zu Beginn des zweiten Durchgangs führten die Mainzerinnen nach einem 7:0-Lauf sogar mit 26:17. „Wir hätten das Spiel deutlich komfortabler gestalten können“, ärgerte sich Liggins hinterher darüber, dass die Mannschaft diesen Vorsprung vor allem wegen leichtsinniger Ballverluste schnell wieder herschenkte.

Zweiter 7:0-Lauf

Das dritte Viertel war für die etwa 50 Zuschauer des Facebook-Livestreams das unterhaltsamste. Beide Teams zeigten offensive Qualität, und die Führung wechselte mehrfach. Zogen die Gastgeberinnen zunächst auf fünf Punkte davon, antwortete der ASC umgehend mit einem zweiten 7:0-Lauf zum 48:46. In dieser Phase stellte denn auch Berry unter Beweis, warum sie zu den stärksten Centerinnen der Liga gehört. Acht Punkte erzielte sie alleine im dritten Viertel und sorgte mit ihrer Präsenz unter dem Korb zudem wiederholt für freie Würfe ihrer Mitspielerinnen.
„In der zweiten Halbzeit hat es sich wieder nach dem Flow angefühlt, den mein Team und ich hatten, bevor ich ausgefallen war“, erklärte die Kapitänin ihre Leistungssteigerung. „Sie ist ein Mentalitätsmonster, das diese Mannschaft anführt, und für viele im Team eine Mentorin“, lobte Liggins. Daher sei er auch nicht überrascht gewesen, dass Berry sich trotz des überschaubaren sportlichen Werts der Begegnung entschieden hatte, mit nach Schwabach zu fahren.

Vier Minuten ohne Punkte

„Ich liebe das Spiel, und meine Teamkameradinnen haben in den letzten Wochen hart gearbeitet. Deswegen gab es für mich keinen Grund, heute nicht mitzuspielen“, betonte die Centerindie auch im vierten Viertel stark auftrat. In diesem traf Leonie Elbert fünf Minuten vor Schluss ihren vierten Dreier zum 67:66. Im direkten Gegenzug konterten die Gastgeberinnen ebenfalls aus der Distanz, danach folgten vier Punkte von Berry. Auf der Uhr standen noch genau 3:55 Minuten.
Anschließend aber ging bei den Mainzerinnen offensiv gar nichts mehr, während die Metropol Baskets fünfmal an die Freiwurflinie durften. All diese Pfiffe, nach Mainzer Dafürhalten überwiegend Fehlentscheidungen, gingen auf einen Unparteiischen zurück, den Liggins dafür kritisierte: „Ich habe ihm gesagt, dass er Schwabach das Spiel geschenkt hat.“
Alexandra Berry, mehrmals Leidtragende dieser Entscheidungen, zeigte sich ebenfalls unzufrieden mit der Schiedsrichterleistung, betonte aber: „Wir haben überhaupt erst zugelassen, dass sie Referees das Spiel entscheiden, und das war unnötig.“ Auch Liggins gab zu: „Wir haben das Spiel nicht wegen der Schiedsrichter verloren.“

„Nur Gutes gesehen“

Das lag eher daran, dass der ASC sich in den letzten zwei Minuten, als er mit drei Punkten zurücklag, von der bis dato erfolgreichen Taktik verabschiedete, den Ball zu Berry unter den Korb zu bringen und stattdessen den Ausgleich per Dreier erzwingen wollte. So auch 21 Sekunden vor Schluss, als Elbert mit ablaufender Wurfuhr das Ziel verfehlte. „Dass sie den Schuss nimmt, ist grundsätzlich okay“, meinte Liggins. „Aber eigentlich wollten wir den Ball schon zu Allie in den Lowpost geben, um per einfachem Korbleger auf einen Punkt ranzukommen.“
Ungeachtet der dritten Niederlage im dritten Spiel nach der zweiten Quarantäne zeigte sich der Sportvorstand insgesamt zufrieden: „Ich habe in diesen Spielen, in denen wir so unterbesetzt waren, nur Gutes gesehen.“ Und Berry, die bereits vor Monaten ihren Vertrag verlängert hat, kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus: „Ich liebe Mainz, den Verein, die Coaches und vor allem die Mädels. Es fühlt sich wie Familie an.“