Mit dem Tempo kommt die Wende

Einem schwachen MTV Stuttgart passen sich die Zweitliga-Basketballerinnen des ASC Mainz eine Halbzeit lang an. Mit Beginn des dritten Viertels aber dominieren sie und erspielen sich mit 71:57 (59:51, 36:40, 16:15) ihren siebten Saisonsieg.

Mainz. Die Erleichterung war groß. Bei den Spielerinnen, den Trainer und den Verantwortlichen. Denn auch wenn Dominique Liggins vor der Partie gegen den MTV Stuttgart einen Sieg nicht zur Pflicht erklären wollte, war doch beim ASC Mainz allen Beteiligten klar, dass genau dies der Fall war. Dem Sportvorstand war halt daran gelegen, nicht noch mehr Druck aufzubauen, als die Mannschaft ohnehin verspürte.

Doch gegen den Tabellenvorletzten die zuletzt vierteilige Niederlagenserie um ein weiteres Kapitel zu erweitern, musste ein No-Go sein, wollten die Zweitliga-Basketballerinnen aus dem Theresianum ihren neunten Tabellenpatz, der sie aller Abstiegs- und Relegationssorgen entledigen würde, nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Ein solches Szenario vermieden sie mit ihrem 71:57 (59:51, 36:40, 16:15) gegen den stark abstiegsbedrohten Aufsteiger. Man könnte auch sagen: Sie wendeten es in der zweiten Halbzeit ab.

Liggins verhehlte nicht das mulmige Gefühl, das ihn durch die ersten beiden Viertel begleitete. „Die Stuttgarter waren wirklich nicht gut, aber das war dann die klassische Situation: Es kommt der abgeschlagene Underdog, und was macht der ASC? Er passt sich dem Niveau an“, fasste er das Geschehen vor der Pause zusammen.

Viele Ballverluste

Ausnahmsweise war es nicht die Trefferquote, mit denen die Mainzerinnen sich das Leben schwermachten – vielmehr haderten sie mit den zahlreichen Angriffen, in denen sie gar nicht erst zum Abschluss kamen. „Ich habe mich gefragt, wieso wir so viele Ballverluste gegen einen Gegner produzieren, der uns nicht das Wasser reichen kann“, berichtete Liggins. Außer eventueller Nervosität wusste er keine Erklärung für die diversen „unforced errors“, den überhasteten Spielaufbau, die ungenauen Pässe.

Etwas mehr Konzentration, etwa mehr Präzision im Miteinander, und die Gastgeberinnen hätten sich schon im ersten Viertel einen schönen Vorsprung erspielen können. Doch so vermochten innerhalb der ersten zehn Minuten mit achtmal (!) wechselnder Führung auch aus dem 13:8 in der siebten Minute nicht mehr zu machen, sondern gerieten zwei Minuten vor der Viertelpause wieder ins Hintertreffen.

Verena Doczyck sorgte zwar per Dreier dafür, dass der erste Durchgang knapp an die Gastgeberinnen ging – der zweite entwickelte sich aber nicht besser, sieht man davon ab, dass beide Mannschaften offensiv zulegten. Erneut vermochte der ASC eine, beziehungsweise sogar zwei Absetzbewegungen (33:27, 36:31) nicht konsequent fortzusetzen. Mehr noch: Angeführt von ihrer Topscorerin Carolin Hauber, die der früh mit zwei Fouls belasteten Centerin Alexandra Berry große Probleme bereitete, arbeiteten sich die Stuttgarterinnen nicht nur wieder heran, sondern schossen mit neun Punkten hintereinander sogar eine Halbzeitführung heraus.

Nach der Pause neuer Elan

„Wir hatten es uns selbst zuzuschreiben, dass wir plötzlich wieder zurücklagen“, monierte Liggins. „Da war so viel mehr drin für uns.“ Umso mehr erfreute es ihn, dass die Mannschaft mit einem ganz anderen Elan aus der Kabine zurückkam. Verfehlten auch einige Schüsse das Ziel, sorgten doch Amina Pinjic, Jordis Wächter, Kendra Landy und Leonie Elbert dafür, den Spielstand ein letztes Mal zu drehen. Von diesem Zwischenspurt zum 50:40 erholten sich die Gäste nicht mehr.

Ausschlaggebend für die entscheidende Wende war vor allem das deutlich höhere Tempo, das Andre Negrons Spielerinnen anschlugen. „Der Coach hat in der Pause offenbar die richtigen Worte gefunden“, sagte der Sportvorstand. „Und die Mädels haben es umgesetzt.“ Allen voran Hannah Finke tat sich mit ihrer Schnelligkeit hervor. Und nicht nur das: Im dritten Spiel seit ihrem Comeback in der Ersten Mannschaft steuerte sie auch elf Punkte bei. „Eine Hannah, die von der Bank kommt und so starke 20 Minuten einbringt, auch in der Defensive so viele Bälle abläuft, die haben wir gebraucht.“

Offensiv verteilten sich die Beiträge ohnehin etwas anders als in den meisten bisherigen Partien. Leonie Elbert fand, sehr zu Liggins‘ Freude, nach einer Durststrecke wieder zur gewohnten Form und erzielte 23 Punkte mit stark verbesserten Quote von 40 Prozent, und dass Berry bei acht Punkten hängenblieb, kompensierten die Kolleginnen. „Noch vier, fünf Punkte mehr von Ally, und ich wäre rundum zufrieden“, merkte der Manager an.

Liggins‘ Hinweis zur Spielzeitverteilung

Hilfreich war auch die angedeutete Presse, die der ASC nach dem Seitenwechsel praktizierte. So richtig aggressiv gingen die Mainzerinnen in der gegnerischen Hälfte nicht zur Sache, „aber wir wollten Stuttgart damit verwirren und den Spielaufbau verlangsamen. Das hat funktioniert“. Hinzu kamen einige Steals von Landy und Wächter und letztlich ein Schlussviertel, in dem der MTV nur noch sechs Punkte erzielte.

Dass es auf der anderen Seite auch nicht mehr als zwölf waren, entsprach nicht dem Kräfteverhältnis, ließ sich aber verkraften. „Mit etwas mehr Selbstvertrauen wäre es wohl 20 geworden“, vermutete Liggins.

Eine kleine kritische Anmerkung machte er zu Negrons Rotation. „Elbert und Landy hätte Andre hintenraus nicht so lange auf dem Feld lassen müssen, sondern stattdessen auch den jüngeren Spielerinnen ein paar Minuten geben können.“ So kam Charlotte Kriebel nur zu einem wenige Sekunden währenden Einsatz, Samira Homm blieb komplett draußen. Meckern wollte Liggins angesichts des siebten Saisonsiegs allerdings nicht – nur eine Anregung fürs nächste Mal geben.

Dieser Artikel erscheint mit freundlicher Unterstützung von SPORT AUS MAINZ.

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