Keine Angst vor dem Angstgegner

Im Vorjahr waren die GiroLive-Panthers Osnabrück gleich sechsmal ein äußerst unangenehmer Kontrahent für die Bundesliga-Basketballerinnen der Eigner Angels. Doch diesmal scheinen die Vorzeichen anders.

In der Basketball-Bundesliga der Frauen dauert eine komplette Saison inklusive Vorbereitung rund sieben Monate, für die am Ende erfolgreichsten Teams noch ein paar Wochen länger. In der vergangenen Spielzeit sind in diesen sieben Monaten die Eigner Angels Nördlingen und die GiroLive Panthers Osnabrück insgesamt sechsmal aufeinandergetroffen, fünfmal davon verließen die Niedersachsen das Parkett als Sieger. Es ist also nicht unbedingt der Lieblingsgegner der Rieser Korbjägerinnen, der am Sonntag (Spielbeginn wie gewohnt 16 Uhr) erneut in der Hermann-Keßler-Halle aufkreuzt.

Und doch sind die Vorzeichen womöglich andere als zwischen September 2022 und März 2023, als die sechs Begegnungen aus Nördlinger Sicht 61:66 (Angels-Cup), 60:69, 57:61 (Pokal-Achtelfinale), 69:54 (der einzige Angels-Sieg am 8. Januar 2023 in Osnabrück) sowie in der ersten Playoff-Runde 60:63 und 65:75 endeten. Beide Teams sind stark verändert in die Saison 2023/24 gegangen, wobei sich das Personalkarussell bei den Angels noch deutlich schneller gedreht hat: Praktisch das komplette Team samt Headcoach ist neu und einzig Mariam Haslé-Lagemann sowie die neue Co-Trainerin Olena Vasylenko könnten noch Erinnerungen an das Osnabrück-Trauma beisteuern. Was sie aber wohl tunlichst vermeiden werden.

Apropos Co-Trainerin: Weil Angels-Headcoach Matiss Rozlapa in der Länderspielpause Verpflichtungen als Co-Trainer der lettischen Frauen-Nationalmannschaft hatte (und mit seinem Team beim Top-Favoriten Frankreich mit 49:71 unterlag), leitete Vasylenko nach dem erfolgreichen Freiburg-Spiel die Übungseinheiten, die überwiegend individueller Natur waren. Wurf- und Konditionstraining bildeten den Schwerpunkt, erst am Dienstag dieser Woche begann der Headcoach mit der intensiven taktischen Vorbereitung auf das kommende Heimspiel. Rozlapa: „Eine kleine Pause war jetzt auch dringend notwendig, denn das erste Saisonviertel war doch ziemlich intensiv.“

Die GiroLive Panthers hatten an den ersten sechs Spieltagen gleich vier Heimspiele, von denen sie aber drei – allesamt knapp – verloren. Das 75:79 gegen Meister Keltern darf als achtbar gelten, die Niederlagen gegen Freiburg (84:87) und vor allem zuletzt gegen Halle (60:62) waren hingegen sicherlich nicht eingeplant. Überzeugend waren der bislang einzige Heimsieg gegen Göttingen (88:59) sowie die Auswärtsauftritte in Marburg (58:77) und Leverkusen (49:69). Unter dem Strich steht nach dem sechsten Spieltag mit ausgeglichener Bilanz Rang acht – bislang zu wenig für die gestiegenen Ansprüche des Pokal-Zweiten und Meisterschafts-Dritten der vergangenen Saison.

Erika Davenport überzeugte in den bisherigen Spielen der Eigner Angels mit großer Einsatzbereitschaft, auch wenn es mal – wie hier – in den „Bodenkampf“ geht.

Dreh- und Angelpunkt des Osnabrücker Teams um das Trainer-Ehepaar Sasa und Milica Cuic ist das 19-jährige deutsche Ausnahmetalent Frieda Bühner, das die Bundesliga-Statistik in einer der aussagekräftigsten Kategorien anführt: Sie ist mit einigem Abstand die effektivste Spielerin der DBBL, gefolgt übrigens von der Nördlinger US-Centerin Erika Davenport. Bühners Teamkollegin in der deutschen U19- und U20-Nationalmannschaft, die bislang ebenfalls überzeugende Angels-Aufbauspielerin Nicole Brochlitz, hält große Stücke auf Osnabrücks Beste: „Frieda ist der Motor des Teams mit viel Verantwortung und Spielzeit. Sie kennt ihre Stärken und weiß, wie sie ihrer Mannschaft helfen kann, vor allem unter dem Korb.“  Bühner bestritt zusammen mit Brochlitz im vergangenen Sommer die-U19-Weltmeisterschaft in Spanien (10. Platz) und die U20-B-Europameisterschaft in Rumänien (2.). Bei der EM wurde die Osnabrückerin als wertvollste Spielerin des Turniers (MVP) ausgezeichnet. Zuletzt wurde sie erstmals in den Kader der deutschen A-Nationalmannschaft berufen, kam aber in den Spielen gegen Tschechien und Italien nicht zum Einsatz.

Neben der überragenden Bühner (bislang 21 Punkte und 7,2 Rebounds im Durchschnitt) verfügen die Niedersachsen über ein allem Anschein nach erneut sehr ausgeglichenes, internationales Team unter anderem mit den gut integrierten Neuzugängen Brittney Smith (USA, 10,5 P.), Kamilla Ogun (Russland, 9,7), Elsa Glantz (Schweden, 8,3) und Simone Costa (Portugal, 8,0).

Ein echter Härtetest also für ein voraussichtlich komplettes Angels-Team, von dem sich Coach Matiss Rozlapa erhofft, dass es an die gute Leistung in Freiburg anknüpfen kann. Der Trainer: „Natürlich hatten wir in Freiburg nicht nur gute Phasen, aber aus den schwachen Abschnitten haben wir uns schnell wieder herausgearbeitet.“

Es wäre eine gute Basis, um die bislang überzeugende Bilanz des neuformierten Teams – aktuell auf Tabellenplatz drei mit 8:4 Punkten – sogar noch auszubauen. Und das vermeintliche Osnabrück-Trauma zu beenden.

Text: Robert Milde
Bild: Jochen Aumann