HTC verliert in Wasserburg

Stark angefangen, stark nachgelassen: So lässt sich der Auftritt der Herner Bundesliga-Basketballerinnen in Wasserburg auf den Punkt bringen. Bis Mitte des dritten Viertels konnte der Herner TC von seinem 9:0-Blitzstart zehren, dann schafften die Gastgeberinnen erstmals den Ausgleich und setzten sich anschließend unaufhaltsam ab. Unaufhaltsam, weil es dem ohne drei Verletzte angetretenen Piotrowski-Team an Masse und Klasse fehlte, im Schlussabschnitt noch einmal wirksam dagegenzuhalten. Am Ende schaukelte der TSV 1880 Wasserburg einen 62:54 (28:33)-Sieg ins Ziel. Die erste Niederlage im vierten Saisonspiel kostete den HTC zugleich die Tabellenführung in der Toyota DBBL.

„Wir haben das gebracht, was wir im Moment in der Lage sind zu bringen“, konstatierte HTC-Trainer Marek Piotrowski und gratulierte Wasserburg zu einem verdienten Sieg. Seine Enttäuschung aber war nicht zu überhören. „Zwei, vielleicht drei Spielerinnen haben für Herne mitgespielt, von allen anderen war es einfach zu wenig.“ Namen musste der 61-Jährige keine nennen, dazu reichte ein Blick auf den Scoutingbogen. Kristina Topuzovic (21) und Kapitänin Laura Westerik (15) zeichneten zusammen für exakt zwei Drittel aller Herner Punkte verantwortlich, beide Flügelspielerinnen standen auch die kompletten 40 Minuten auf dem Parkett.

Dass die Serbin für ihre sieben Treffer aus dem Feld 23 Würfe benötigte, spricht weniger gegen Topuzovic als gegen ihre Mitspielerinnen. Die spielten Verstecken, tauchten ab, wenn die Gäste im Setplay freie Würfe herausspielen wollten, trauten sich mit zunehmender Spieldauer immer weniger zu. So blieb Topuzovic und Westerik nichts anderes übrig, als es auf eigene Faust zu versuchen und in Zeitnot aus dem Getümmel heraus schwierige Würfe zu nehmen. Offensiv kam ab und an noch etwas Unterstützung von Ae‘Rianna Harris, die auch bei den Rebounds noch effektiv dagegenhielt. Der Rest war Schweigen. Dabei konnte sich der HTC beim Mitfavoriten auf den DM-Titel keinen weiteren Ausfall erlauben, musste er die Reise nach Oberbayern doch ohne drei Verletzte antreten: Chloe Bully wurde schon nach dem Nördlingen-Spiel am Sprunggelenk , Alyssa Lawrence vor wenigen Tagen am Knie operiert. „Beide werden uns noch einige Wochen fehlen. Wie lange genau, wissen wir nicht. Auf uns kommen jedenfalls harte Zeiten zu“, blickt Piotrowski sorgenvoll auf die nächsten Spiele. Vielleicht ist ja wenigstens Ramona Tews dann wieder am Ball, die es an der Hand erwischt hat. Ohne sie fehlte in Wasserburg vor allem Aufbauspielerin Laura Stockton dringend nötige Entlastung, die allerdings selbst keinen guten Tag erwischte. Piotrowski versuchte es zwar Mitte des zweiten Abschnitts zunächst mit Laura Zolper, kurz darauf mit Jule Groll, aber beide jungen Hernerinnen waren von Tempo und Härte diesmal überfordert. Mit ein, zwei konkurrenzfähigen Spielerinnen mehr wäre für Herne in Wasserburg sicher etwas drin gewesen. Zumal das Team von Sidney Parsons anfangs gar nicht auf der Platte war. 9:0 hieß es nach knapp drei Minuten für Herne, ehe die später kaum noch zu bremsende Margaret Mulligan (23 Punkte) den ersten Korb für den TSV erzielte. Zwar kam Wasserburg schnell auf 10:13 (7.) heran, aber Herne konterte mit zwei Dreiern von Westerik und Sarah Polleros, ehe Topuzovic noch einen Korb zum 10:21 (10.) nachlegte – es war der einzige zweistellige Abstand im gesamten Spielverlauf.

Noch vor der Viertelsirene verkürzte Laura Hebecker per Dreier auf 13:21, nach Wiederbeginn knabberten die Gastgeberinnen den Herner Vorsprung langsam, aber geduldig ab. Näher als auf drei Punkte (24:27/17.) aber rückten sie dem HTC bis zur Halbzeit nicht auf die Pelle, und zur Pause schien bei einer 33:28-Führung für Herne alles drin. Nach Wiederbeginn aber änderte sich das Bild. Wasserburg drückte aufs Tempo, steigerte die Intensität und überforderte damit die Gäste, deren Kräfte zusehends schwanden. Besonders in der Offense lief nichts mehr zusammen. Nach Sofia Pelanders Korbleger zum 28:35 (21.) blieb der HTC neun Minuten ohne Feldkorb und schaffte nur noch zwei magere Pünktchen von der Linie. Zum 36:36 (25.) glich der TSV erstmals aus, und schon da verhieß die Körpersprache der Hernerinnen nichts Gutes. Zu viele offene Würfe gestatteten sie Kelly Moten, Mulligan und Co., so dass sich Wasserburg trotz etlicher Ballverluste bis auf 42:36 (28.) absetzte.

Im Schlussviertel mobilisierten die Piotrowski-Schützlinge noch einmal die letzten Kräfte und blieben bis zum 55:50 (38.) auf Schlagdistanz, den Moten-Dreier zum 58:50 aber konnten sie nicht mehr verdauen. In der Schlussminute versuchten sie es noch mit der Stopp-the-clock-Taktik, aber Leonie Fiebich zeigte an der Linie keine Nerven und traf zweimal zum 62:54-Endstand. 

Rouse, Pelander (4), Stockton (2), Groll, Topuzovic (21/1), Westerik (15/2), Zolper, Polleros (3/1), Harris (9).

22.11.2020 / Wolfgang Volmer / WAZ Herne