HTC verliert gegen Osnabrück

33 Minuten lang sah alles nach einem Erfolg gegen die Giro-Live-Panthers aus Osnabrück aus, doch dann zollte der Herner TC dem Tempo Tribut

„Ich bin nicht sauer, ich bin gefrustet“: So beschrieb Marek Piotrowski seine Gemütslage am Samstag gegen 20 Uhr. Zuvor hatte der Trainer der Herner Bundesliga-Basketballerinnen mit ansehen müssen, wie eine Partie den Bach runterging, die sein Team lange fast nach Belieben dominiert hatte. Am Ende musste der Herner TC den solide aufspielenden GiroLive-Panthers Osnabrück zu einem in der Halbzeit kaum für möglich gehaltenen 68:62 (27:41)-Erfolg gratulieren.

Für Herne war es nach drei Siegen zum Auftakt die zweite Niederlage – Grund genug für den Headcoach, die Alarmglocke anzuschlagen. „Der Fahrstuhl geht abwärts, und ich weiß nicht, wo er aufsetzt“, blickte Piotrowski sorgenvoll in die Zukunft. Sauer wäre der 61-Jährige gewesen, hätte seine Mannschaft nicht alles versucht. Das hätte er die Damen schon während der Partie lautstark wissen lassen. Aber daran lag es nicht an diesem Abend. Sicher, nicht jede HTC-Spielerin erwischte einen Sahnetag. Gemacht und getan aber haben sie alle, die auf dem Parkett wie die auf der Bank. Doch das reichte nicht. Weil nach Chloe Bully und Alyssa Lawrence mit Point Guard Laura Stockton eine dritte Starting-Five-Spielerin verletzt ausfiel, fehlten zu viele Optionen und die Nachwuchskräfte mussten notgedrungen sehr viel Verantwortung übernehmen.

Das Ergebnis kam für Piotrowski nicht überraschend. Und so konnte er erneut die Platte hervorkramen, die er schon nach dem 54:62 in Wasserburg aufgelegt hatte. „So lange wir Kondition hatten, haben wir guten Basketball gespielt. Aber die Spielerinnen sind keine Roboter. Irgendwann gehen die Kräfte aus, und dann gibt man ein Spiel eben aus der Hand“, brachte er die Probleme in seiner Analyse auf den Punkt.

Dass im Team des Herner TC auch eine Menge Qualität steckt, sahen die wenigen Augenzeugen vor allem im zweiten Viertel, als der HTC von 16:16 (9.) auf 35:18 (16.) davonzog. In dieser Phase passte alles. Die Defense packte entschlossen zu, die Rebounds landeten bei Herne, die Systeme funktionierten, die Würfe fielen. Ae‘Rianna Harris, die eine ganz coole Performance ablieferte und wie Kristina Topuzovic ein Double-Double auflegte, eröffnete diese beste Herner Phase mit einem Dreier zum 19:16, und nach ihr trafen auch Laura Zolper, Sarah Polleros und Topuzovic aus der Distanz.

Die Panthers konnten den Rückstand bis zur Pause zwar noch geringfügig auf 14 Punkte verkürzen, echte Gefahr aber schien von ihnen nicht auszugehen. Zu blass waren bis dahin Samantha Fuehring und Allazia Blockton geblieben, ihre beiden besten Scorerinnen. Besser setzten sich zwei Ex-Hernerinnen in Szene. Während Kata Takács mit zwei Dreiern Ende des ersten Viertels auf sich aufmerksam machte, brachte Jenny Strozyk zuverlässig den Ball nach vorn, ohne selbst allzu oft den Korb zu attackieren.

Nach Wiederbeginn aber änderten sich die Kräfteverhältnisse. Während die Gäste nun aggressiver auftraten, Druck und Tempo erhöhten, verlor der HTC zusehends seine Linie. Kapitänin Laura Westerik, in Wasserburg noch überragend, rannte sich immer wieder fest, Sofia Pelander leistete sich etliche technische Fehler, beide gerieten zudem in Foul-Trouble. Ein erstes Osnabrücker Aufbegehren konnte der HTC vor allem dank Harris noch einmal ersticken und die Führung von 43:34 (23.) auf 51:34 (25.) ausbauen. Doch dann gab Blockton mit einem Dreier das Signal zur Aufholjagd, und beim 53:50 (30.) war alles wieder offen.

Bis zum 57:52 (33.) blieb Herne auf der Siegerstraße. Dann nagelte Milica Cuic kurz nacheinander zwei Dreier in die Reuse, Kata Takács legte ein Dreipunktspiel nach und plötzlich stand es 57:61. Davon erholte sich Herne nicht mehr. Bald darauf waren Westerik und Pelander ausgefoult, bei Harris und Topuzovic schwanden die Kräfte. So lastete die Verantwortung auf Zolper, Polleros und die durch eine Handverletzung gehandicapte Ramona Tews, die erst am Freitag wieder ins Training eingestiegen war. Nach dem 59:67 (38.) versuchten sie, das Blatt zu wenden, nahmen mutig die Würfe von außen, aber nur Zolper hatte einmal Erfolg. Zu wenig, um den breiter aufgestellten Gästen den Sieg noch streitig zu machen.

Und der Trainer schob Frust. Nicht wegen der Leistungen auf dem Parkett, sondern wegen der Versäumnisse der letzten beiden Wochen. Mindestens eine neue Spielerin habe er erhofft, um die durch langwierige Verletzungen gerissenen Lücken auf den kleinen Positionen zu stopfen. Doch das hat nicht funktioniert. Stattdessen fällt nun auch noch Laura Stockton lange aus. Der Fahrstuhl saust abwärts. Wer hält ihn auf?

Harris (21/1 Dreier, 10 Rebounds), Topuzovic (12/1, 10 Reb.), Pelander (10), Zolper (8/2), Tews (4), Westerik (4), Polleros (3/1), Groll, Rouse.

29.11.2020 / Wolfgang Volmer