Blamage in Saarlouis

Zwei Sachen hatte Marek Piotrowski vor dem Auswärtsspiel des Herner TC bei den Saarlouis Royals vorhergesagt: Dass die Gastgeberinnen frei und mutig aufspielen würden, nachdem sie den Abstieg aus der Bundesliga eh nicht mehr verhindern könnten. 

So kam es. Was nicht passierte: Dass der Deutsche Meister HTC zeigte, dass er diese zwei Punkte unbedingt holen wollte. So endete eine desolate Vorstellung in einer Blamage. 66:80 verloren die Hernerinnen gegen die Royals, denen man anmerkte, dass sie nichts mehr zu verlieren hatten.

Für Herne dagegen geht es noch um ziemlich viel, um das Heimrecht in den Playoffs, dass angesichts der schwankenden Herner Auftritte umso wichtiger wird.

Aber mit einer Leistung wie Samstagabend in der Stadtgartenhalle von Saarlouis ist schwer vorstellbar, dass die Hernerinnen ihr „Endspiel“ gegen Freiburg kommende Woche gewinnen könnten. Dabei begann die Partie eigentlich wie erhofft und wie erwartet.

Herne traf zunächst sicher und verteidigte gut. 12:5 aus Herner Sicht., da war etwas mehr als die Hälfte des ersten Viertels gespielt. Nur: In beiden Spielfeldhälften brachen die Hernerinnen danach ein. „Wir haben einfach aufgehört Basketball zu spielen“, lautete das Fazit von Marek Piotrowski. Auf der einen Seite stellten die Gastgeberinnen früh auf eine Zonendeckung um, was Herne aus dem Konzept brachte.

Zu zögerlich, zu abwartend, zu selten mutig und entschlossen von draußen in der Offensive, zu passiv und zurückhaltend in der Verteidigung – mit einem 10:0-Lauf drehten die Royals das Spiel innerhalb von gut drei Minuten. Bis zur ersten Viertelpause vergaben Westerik und Abaiburova dazu vier Freiwürfe – 20:15. Hernes Aufbauspielerin Harris traf den Dreier zum 24:20, aber das war kein Aufbruchssignal. Fikiel und Harris schauten bei einem einfachen Doppelpass der Royals hinten zu, 26:20.

Stankiewicz’ lässig-überheblicher No-Look-Pass war kein Geniestreich, sondern nur eine Einladung für zwei weitere leichte Royals-Punkte. Keine Einzelfälle, sondern symptomatische Szenen. Piotrowski rechnet vor: „Neun von 20 Freiwürfen und fünf oder sechs Pässe direkt in die Hände des Gegners, die gehen eins-gegen-null zum Korbleger – so kann man kein Spiel gewinnen.“ Viel zu leicht kamen die Gastgeberinnen immer wieder zu Punkten. Herne dagegen tat sich schwer, leistete sich Turnover, geriet mit zehn Punkten in Rückstand, bevor Sarah Polleros per Dreier auf 34:27 verkürzte. Sinnbildlich war die Szene, als der HTC 23 Sekunden vor der Pause beim Stand von 39:28 an den Ball kam. Abaiburova traf nach einem Rupnik-Pass.

Allerdings so, dass den Gastgeberinnen noch elf Sekunden blieben. Mit einer Mischung aus Verzweiflung und Schussglück, aber auch dank defensivem Herner Dilettantismus traf Cherise Beynon den wilden Dreier von weit draußen zum 42:30, brachte die Halle zum Explodieren.

Wenn beim Absteiger bis dahin noch irgendwer dran gezweifelt hatte, im letzten Bundesliga-Heimspiel den (umformierten und nicht wiederzuerkennenden) Deutschen Meister schlagen zu können – spätestens da wussten alle, dass es geht. Zwar kam Herne nochmal auf sechs Punkte heran, anders als im Hinspiel fehlte aber Jordan Frericks, um ihre Mannschaft entscheiden zurückzubringen. Die Royals verabschiedeten sich mit einer Gala, blieben treffsicher, wurden aber auch selten entscheidend gestört.

Saarlouis gewann das dritte Viertel 23:16, zog zwischenzeitlich 19 Punkte weg – Herne wehrte sich nicht genug. Die Statistik in Saarlouis am Samstagabend versagte zunächst den Dienst, 80 zugelassene Punkte bei einem Absteiger sind aber auch Statistik genug. Der HTC ist nun Samstag gegen Freiburg zum Siegen verdammt, um es sich nicht noch schwerer zu machen. „Wir müssen einfach alles besser machen“, meinte Marek Piotrowski.

Philipp Ziser