13-Punkte-Hypothek ist zu hoch

Im ersten Viertel des Zweitligaderbys mit den Rhein-Main Baskets mangelt es dem ASC Mainz an Intensität und an Treffsicherheit. Die Steigerung vor allem nach der Pause reicht trotz zeitweiliger Führung nicht, um eine 61:67-Niederlage abzuwenden.

Mainz. Der ältere Herr oben auf der Tribüne des Theresianums, der es mit den Gästen hielt, wirkte erleichtert. „Jetzt haben sie wieder Normalform“, murmelte er Mitte des dritten Viertels, nachdem Alina Kraus und Tatum Koenig drei Distanzwürfe nicht im Korb untergebracht hatten. Als Fan der Rhein-Main Baskets war ihm zuvor etwas unwohl geworden angesichts der Aufholjagd der Gastgeberinnen.

Vor allem dank der Dreier von Kraus, Amina Pinjic und noch mal Kraus hatte der in der ersten Halbzeit so offensivschwache ASC Mainz seinen Rückstand von 26:39 auf 39:42 verkürzt, jetzt schienen die Dinge wieder den alten Lauf zu nehmen. Die Freude des Langener Fans war etwas verfrüht, weil sich sein Team zwar zunächst wieder absetzte, die Mainzerinnen im letzten Durchgang aber erneut herankamen und sogar in Führung gingen.

Über die Zeit brachten sie ihren Vorsprung allerdings nicht. Nach 40 Minuten quittierten sie eine 61:67 (41:48, 26:39, 11:24)-Niederlage, die sie sich selbst zuzuschreiben und weitgehend im ersten Viertel eingehandelt hatten. „Da lagen wir 13 Punkte zurück“, sagte Eric Marschke. „Den Rest des Spiels gewinnen wir, aber die Hypothek war zu hoch.“

Wie ein heißes Messer durch die Butter

Auf eine Auszeit hatte der Trainer trotz – oder wegen – des sich (nur) sukzessive aufbauenden Rückstands verzichtet. „Ich hatte das Gefühl, dass es nichts bringen würde“, begründete er später. „Der Gegner hatte ja außer einem 6:0 keinen richtigen Lauf, sondern wir haben zwischendrin auch immer wieder gepunktet.“

Der Mainzer Defense allerdings hätte eine Hilfestellung nichts geschadet. Die mit viel Spielwitz ausgestatteten Gäste, die unterm Korb des Öfteren überraschende Anspiele einstreuten, glitten durch die Reihen zum Korb wie ein heißes Messer durch Butter. „Wir hatten zu viel Respekt“, sagte Marschke, „da sah aus, als würden wir gegen den absoluten Topfavoriten spielen.“

„Die Gegnerinnen haben uns gezeigt, woran wir arbeiten müssen“, sagte Erin Antosh. In der Verteidigung sei dies vor allem die Intensität. „Die haben wir später aufs Feld gebracht, aber wir brauchen sie von Anfang an. Wenn wir in der Defense durchgehend so gespielt hätten wie in der zweiten Halbzeit, wären wir erfolgreich gewesen.“

Koenig verbessert, aber…

Es gab zwar auch in der schwächsten Phase starke Momente, beispielsweise Antoshs mächtigen Sprung in der neunten Minute, mit dem sie einen Ball aus dem Aus zurück ins Feld schleuderte, wo sie ihn von Hannah Krull unters Brett serviert bekam und ein Foul zog. Die negativen Szenen aber überwogen. Null von sieben Dreiern im ersten Viertel, einer von vierzehn in der ersten Halbzeit – eine desolate Quote. „Obwohl die meisten Würfe frei und nicht erzwungen waren“, merkte Marschke an.

Auch wenn es sich in den Statistiken nicht ganz so drastisch niederschlug wie bei der Niederlage in Stuttgart: „Wir hatten wieder einige Totalausfälle“, monierte der Trainer, „und die Probleme traten immer zur Unzeit auf.“ Spielmacherin Tatum Koenig zeigte sich in etwas besserer Verfassung als vor zwei Wochen, zehn Punkte bei siebzehn Würfen aus dem Feld (inklusive eines Dreierversuchs, der als Airball endete, können allerdings nicht der Anspruch an die US-Amerikanerin sein. Auch ihre beiden in der Schlussphase verworfenen Freiwürfe schmerzten.

In ihrem Fall ließ Marschke ein wenig Nachsicht walten. Nach einem Ellbogenschlag ins Gesicht habe Koenig auf einem Auge nur noch eingeschränkt gesehen. „Gut möglich, dass sie das bei ihren Schüssen beeinträchtigt hat.“

Mit 8:0-Lauf erstmals in Führung

Dass der Pfiff zugunsten Koenigs ausgeblieben war, wurmte den ASC-Coach wie so manche andere Entscheidung der Unparteiischen vor allem in der ersten Halbzeit. „Erin wird verprügelt, ohne dass die Schiedsrichter eingreifen“, schimpfte er. Nicht erst nach der Schlusssirene, sondern schon während der Partie, was ihm in der 18. Minute das erste Technische Foul dieser Saison einbrachte.

Die sieben Punkte Rückstand, mit denen sie in den letzten Durchgang gingen, machten die ASC-Frauen innerhalb von weniger als drei Minuten mit einem 8:0-Lauf wett. „Hannah Krulls Dreier zum 49:48 hat uns noch mal Energie gegeben“, kommentierte Marschke die Aktion, bei der seine Flügelspielerin gefoult wurde, auf dem Fuß der Gegnerin umknickte und längere Zeit liegenblieb, bevor Alina Dötsch und Edanur Caglar sie vom Feld führten. Krull konnte etwas später wieder mitwirken, „das war nur ein kurzzeitiger Schock, wir hoffen, dass nichts nachkommt“, sagte der Trainer.

Nach 59:60 nicht mehr gekontert

Eine Zeitlang ging es mit den Führungen hin und her, letztmalig baute Erin Antosh den Vorsprung des ASC mittels zweier Freiwürfe auf 59:56 aus. Ob es nicht cleverer gewesen wäre, noch häufiger über die Centerin zu spielen, mit 16 Punkten beste Mainzer Schützin, die am Ende auch mehrere Fouls zog?

Marschke widersprach. „Die Gegnerinnen haben sie so gut von vorne verteidigt, dass es schwierig war, die Pässe unter den Korb zu spielen“, sagte er. „Das hat ja auch zu ein paar Turnovers geführt. Aber Erin hätte uns schon am Anfang vier bis sechs Punkte mehr geben müssen, als sie zwei freie Korbleger ausgelassen hat.“

Für den letzten Führungswechsel sorgte Akousa Ahmed, eine der auffälligsten Akteurinnen, dem ASC bis dahin mit ihrer Schnelligkeit Probleme bereitet hatte, per Dreier zum 59:60. Den vermochten die Mainzerinnen nicht mehr zu kontern, und beim Stop-the-clock in der Schlussminute erwiesen sich die Gäste als zu sicher von der Freiwurflinie. „Wir hätten dieses Spiel gewinnen müssen“, resümierte Marschke, „aber wir haben in den falschen Momenten Fehler gemacht. Sehr viele im ersten Viertel, und einige hinten raus, als es entscheidend war.“

Dieser Artikel erscheint mit freundlicher Unterstützung von SPORT AUS MAINZ !